- philippinische Sprachen und Literatur.
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Die rd. 100 auf den Philippinen und in angrenzenden Regionen gesprochenen Sprachen gehören zur westmalaiopolynesischen Gruppe der austronesischen Sprachen. Zu den phillippinischen Sprachen zählen u. a. Tagalog (in standardisierter Form seit 1946 Amtssprache der Philippinen, seit 1959 Pilipino, seit 1987 Filipino genannt) und Cebuano (auch Sugbuhanon genannt) mit jeweils rd. 10 Mio. Sprechern sowie mit jeweils etwa 5 Mio. Sprechern Ilokano und Ilongo (auch Hiligaynon genannt), darüber hinaus Bicolano und Waraywaray. Die Sprachen der Philippinen sind durch Verwendung von Reduplikation und Affixen zur Bezeichnung von Tempus, Aspekt und Modus sowie ein komplexes Kasussystem gekennzeichnet.Von der genuin philippinischen Literatur vor der spanischen Eroberung 1565 sind keine Originalfassungen erhalten, da die spanischen Missionare die einheimische Kultur aus Glaubensgründen bekämpften. Mündlich überliefert (später auch aufgezeichnet) wurden Mythen, Heldenepen, Fabeln, Legenden, Sprichwörter und Rätsel. Lieder und Gedichte handelten von Übergangsriten (Geburt, Heirat, Tod) und Lebensgrundlagen (Hausbau, Jagd, Fischfang); Gesang und Rezitation wurden von Blas- und Saiteninstrumenten begleitet; noch die heutige Art der Gedichtrezitation erinnert mit ihrer »hohen« Tonlage an die alten Formen. Die Literatur während der spanischen Kolonialherrschaft (1565-1898) wurde in spanischen und in philippinischen Sprachen (v. a. Tagalog) verfasst. Die Christianisierung der Filipinos fand ihren Ausdruck in einer im Zeichen christlicher Verkündigung stehenden Literatur (geistliche Spiele, Erbauungsliteratur). Im 18. Jahrhundert entstand eine profane Literatur mit dem Volkstheater (»komedya«), dessen stoffliche Grundlage die Übersetzung und Bearbeitung mittelalterlicher spanischer Romanzen bildeten. Im 19. Jahrhundert begannen sich ein philippinisches Nationalbewusstsein und der Widerstand gegen die spanische Kolonialmacht literarisch zu artikulieren, besonders bei J. P. Rizal, dessen Werke die Erhebung von 1896 einleiteten. In der Geschichte des philippinischen Dramas wurde im 19. Jahrhundert die »komedya« durch eine eigene Version (»sarsuwela«) des spanischen Singspiels (»zarzuela«) mit spezifisch philippinischen Thematik abgelöst. Die literarische Entwicklung seit der amerikanischen Machtübernahme (1898) war dadurch geprägt, dass die traditionelle romantische Richtung, vertreten z. B. durch den Dramatiker José Corazon de Jesus (* 1896, ✝ 1932) und den Romancier Iñigo E. Regalado (* 1888, ✝ 1976) zunehmend von realistischeren (in der Nachfolge Rizals stehenden) Richtungen zurückgedrängt wurde. Letztere engagierten sich, obwohl sie literarisch oft westlichen Vorbildern folgten und - neben dem Tagalog - auch die englische Sprache als Medium gebrauchten, im Kampf um die Befreiung vom amerikanischen Kolonialismus, v. a. die Dramatiker Aurelio Tolentino (* 1868, ✝ 1915) und Juan Abad (* 1872, ✝ 1932) sowie der Romancier Faustino Aguilar (* 1882, ✝ 1955), ferner der Dichter Alejandro G. Abadilla (* 1904, ✝ 1969), die um 1940 eine Art Revolution in der Tagalogpoesie herbeiführten. In der erzählenden Literatur wurde die (vorher unbekannte) Kurzgeschichte, als deren Wegbereiter José García Villa (* 1910) mit seiner Sammlung (1931) gilt, zur beliebtesten Gattung. Einige ihrer Vertreter aus der Generation Villas haben auf dem Gebiet der - thematisch meist sozialkritischen - Kurzgeschichte und/oder des Romans internationalen Rang erreicht wie Bienvenido N. Santos (* 1911, ✝ 1996), Amador Daguio (* 1912, ✝ 1966), Nestor Vicente Madali Gonzalez (* 1915), Francisco Arcellana (* 1916), Nick Joaquin (* 1917), der Gründer (1958) des philippinischen PEN-Zentrums Francisco Sionil José (* 1924) und Rony V. Diaz (* 1932).Die Philippinen in Erz. ihrer zeitgenöss. Autoren, hg. v. G. Birkenfeld (1965);B. Lumbera: Philippine literature, in: Hb. der Orientalistik, hg. v. B. Spuler, Abt. 3, Bd. 3,1 (Leiden 1976);C. D. MacFarland: A linguistic atlas of the Philippines (Tokio 1980);
Universal-Lexikon. 2012.